Es muss so ungefähr 1987 gewesen sein, die Lieferungen an Fahrzeugen aus den Bruderländern stockten ein wenig, für den DDR-Fahrzeugbau war es 5 vor 12, als der Auftrag an das Automobilwerk Ludwigsfelde erging, mit simplen Mitteln und unter Verwendung so vieler Teile des W50 wie möglich einen Überlandbus aufzubauen. Die Ingenieure gingen unerschrocken ans Werk, und fünf Minuten später, also Mittag, war der Bastard fertig. Er war auf dem Standardfahrwerk entstanden, da ein anderes gerade nicht verfügbar war. Man hatte weisungsgemäß selbst die Karosserie zu einem guten Teil aus den vorhandenen Pressteilen für den W50 erzeugt. Aufgrund des viel zu kurzen Radstandes zog das pummelige Heck die Front des Fahrzeugs unerbittlich in die Höhe. Es war ein grauenhafter Anblick. Besagter Mittag (Günter) ließ dann auch sofort sämtliche Arbeiten an dem Fahrzeug einstellen, zumal inzwischen auch ein echtes Busfahrwerk auf Basis des L60 im Entstehen war. Stattdessen ordnete er an, die Fahrradproduktion zu verdoppeln, damit die Werktätigen auch ohne den Verbrauch wertvoller Importressourcen zur Arbeit kämen. Das Fahrgestell wurde mit Teilen aus der laufenden Produktion zu einem normalen Pritschenwagen, der Aufbau hat dann als improvisierte Kantine eines weit entfernten Betriebsteils noch bis Mitte der 90er Jahre so manche feucht-fröhliche Feier gesehen, bis er schließlich verschrottet wurde. Eine 12-Meter-Version kam über das Planungsstadium nicht hinaus, da sie mit dem 125-PS-Motor und zu erwartenden 35 Km/h Höchstgeschwindigkeit auch für den DDR-Stadtverkehr zu langsam gewesen wäre.
Abschließend nenne ich noch zweimal den Namen des aktuellen Monats, und das ist dann auch das einzig Wahre an dieser Geschichte: April, April!
Beste Grüße
Jörg